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Lebensfreude im Badkleid bei Adipositas


Als Übergewichtige ist es keine Freude, mir ein Badkleid anzuziehen. Da ich es aber liebe, zu schwimmen und mich im Wasser zu bewegen, beisse ich in den sauren Apfel und steige in den Einteiler. So wie heute.

Die Sonne scheint, es ist warm und das blaue Nass des Hotelpools lockt. Ich freue mich auf die Abkühlung und auf die Schwerelosigkeit im Wasser.

Ich suche mir also einen Liegestuhl mit Sonnenschirm und ziehe mich aus. Sofort spüre ich Blicke auf meinem dicken Hintern, trotzdem bewege ich ihn an vielen besetzten Liegestühlen vorbei zum Pool. Ich fühle mich beobachtet, zupfe an meinem Einteiler, versuche erfolglos, ihn über meinen Hintern zu ziehen. Endlich im Wasser, kann meinen Körper keiner mehr sehen. Gerne würde ich den ganzen Tag da drin bleiben, leicht wie eine Feder, beweglich, versteckt.

Im Vergleichen liegt das Übel

Am Poolrand sitzt eine junge Italienerin mit Top-Bikini-Figur, hüftlangen Haaren und einem trägerlosen, mit silbernen Pailletten bestickten Bustier. Sie lässt ihre Füsse ins Wasser baumeln und ich habe das Gefühl, ihr einziger Sinn im Leben ist sexy auszusehen. So räkelt sie sich in der Sonne, Kopf in den Nacken geworfen, Gesicht der Sonne entgegen gestreckt, die Pailletten glitzern abwechselnd im Licht. Und da drüben, die drei blonden Schwedinnen, die ausgestreckt auf ihren Liegestühlen ihre Mojitos schlürfen: flache Bäuche, straffe Busen und knackige Hintern.

Ich steige aus dem Pool, die Erdanziehung hat mich wieder. Bauch und Hintern gleichzeitig einziehend, gehe ich an den anderen vorbei zurück zu meinem Liegestuhl, der mich hoffentlich jetzt gleich aushält und nicht unter mir zusammenkracht. Ich ziehe mir mein Strandkleid über, das die Italienerin als Zelt benutzen könnte, und kann so den urteilenden Blicken wieder teilweise entgehen. Obwohl ich die Zeit am Pool geniesse, habe ich danach irgendwie Lust, mich zu betrinken. Ich trinke sehr selten Alkohol, aber da ich jetzt kaum noch Essanfälle habe...Essdruck oder Trinkdruck, beide sind ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt.

Hinter dem Essdruck ohne Hunger stehen unbeachtete Gefühle

„Was ist denn los?“ frage ich mich und spüre in meinen Körper hinein. Ich merke, dass ich mich schlecht fühle. Stundenlang habe ich mich mit anderen, schlanken Körpern verglichen und mich dabei selbst kritisiert und mich geschämt, meinen Wert an mein Gewicht und meinen Körper geknüpft. Kein Wunder, wollte ich mich betäuben.

Mein Wert ist nicht an meinen Körperumfang und mein Gewicht geknüpft

Mein Innerer Kritiker war wieder einmal sehr laut heute Nachmittag. Das ist der, der mich jedes mal zum Essanfall getrieben hat mit seinem Gebabbel: „Schau mal, wie fett du bist! Alle schauen dich an. Schämen solltest du dich! Was stimmt nur nicht mit dir? Du solltest dringend eine Diät machen! Abnehmen ist angesagt...“. Sobald ich mir ihm bewusst werde, hat er keine Macht mehr über mich. Ich höre ihn zwar, aber ich muss ihn nicht beachten. Stattdessen rede ich mit mir, wie es eine gute Fee oder eine liebe Grossmutter tun würde: tröstende, liebende Worte.

  • Mich schlecht zu fühlen ist ok. Ich kann das Gefühl annehmen und spüren. Es wird vergehen.

  • Ich brauche meinem Inneren Kritiker nicht zu glauben.

  • Ich kann meine Aufmerksamkeit auf die nährenden, schönen, aufbauenden Dinge lenken, wie meine Gesundheit, meine Sinne, die im Wind wiegenden Palmen, das Glitzern des Wassers, die Wärme der Sonne statt auf die anderen „perfekten“ Körper und die Dinge, die ich nicht habe.

  • Ich richte meinen Blick auf das, was mir gut tut und ich ignoriere den Rest.

LebensFREUde = meine Aufmerksamkeit auf die erFREUlichen Dinge lenken.

In dem Sinne wünsche ich dir eine erFREUliche Woche!

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