10. März 20173 Min.

Schokolade – Jetzt oder nie

Eine Woche Urlaub mit meinem Schatz bedeutet ständige Zweisamkeit (oh Wonne!). Trotzdem fand ich mich letzte Woche alleine in den heissen, sonnigen Gassen der kanarischen Kleinstadt wieder, unterwegs zurück zum Hotel-Pool während er noch im Café blieb. Alleine, unbeobachtet...und tatsächlich kam mir der Gedanke: „Es sieht dich niemand. Du kannst machen, was du willst für die nächsten 2 Stunden. So eine 300 gr. Tafel Milka-Schokolade-dreifach-Keks, die es nur hier gibt, ganz für dich alleine....das wäre doch was. Und da du sie unentdeckt isst, auf dem Weg, aus deiner Tasche heraus, im Versteckten, zählt es ja auch nicht wirklich. Wenn du schon dabei bist, diese Prinzen-Rollen gibt es bei uns in der Schweiz auch nicht...so würde sich das Sündigen wenigstens lohnen. Es erfährt ja niemand...und es ist ja nur dieses eine mal...danach kannst du wieder die perfekte, strahlende Freundin sein, die isst wie ein Vogel.“

Dies sind die Gedanken einer Esssüchtigen, die einen Fressanfall plant.

Essanfall Flashback

Ich erinnere mich an 2003 (damals, nach einer langen Diät, hatte ich gerade mal eine gute Figur, siehe Foto): ich war in Hawaii auf einem Parkplatz mit meinem neuen Cowboy-Boyfriend, seinen vier Kindern und dem Hund. Frisch verliebt, auf Wolke 7. Ich sollte nur kurz in den Supermarkt, WC-Papier holen, während meine neue Familie im Auto wartete. Keine Ahnung, warum ich ganz dringend Schokolade brauchte, der Drang war riesig. So ging ich also in den Supermarkt, direkt an die Kasse, wo ich aus dem Süssigkeitenregal 3 Schokoriegel nahm und bezahlte und diese heimlich in mich hineinstopfte, während ich das WC-Papier holen ging. Bis ich wieder an der Kasse war, um dieses zu bezahlen, hatte ich die Riegel vernichtet. Ich ging zurück zum Auto, ob er irgendwelche Spuren des kurzen Essanfalls sah oder es riechen konnte, weiss ich nicht. Aber ich kann mir vorstellen, wie mein Gesichtsausdruck war: beschämt. Ich war an diesem Sonntag-Nachmittag sicher nicht die Freundin, die sich ein Mann wünscht. Nach einem solchen Kontrollverlust war ich immer unausstehlich, weil ich mich selbst nicht leiden konnte. Tja, diese „Beziehung“ hatte auch nicht lange gehalten. Hatte ich erwähnt, dass ich damals für fünf Minuten eine gute Figur hatte, geliebt wurde und trotzdem fressen musste? Welcher Loser tut so was?!?! Der Mann und mein endlich schlanker(er) Körper sollte mich doch glücklich machen und für immer heilen!

Und jetzt, 14 Jahre später, war der selbe Gedanke da und die Frage, wie viele Süssigkeiten ich in der kurzen Zeit des Allein-Seins verdrücken konnte, bevor diese wieder tabu waren; denn Dicke essen ja nichts, zumindest nicht in der Öffentlichkeit.

Nur, dass ich mich heute nicht mehr verstecke zum Essen, und dass es keine „schlechten“ oder „verbotenen“ Esswaren mehr gibt auf meinem Speiseplan. Und wenn du nur ein bisschen so tickst wie ich, ist „erlaubt“ auch viel weniger interessant.

Verbote sind out – Intuitives Essen ist in

Also habe ich an diesem heissen Ferien-Tag letzte Woche keine Schokolade gekauft. Der Gedanke war auch sofort wieder weg, denn ich bin nicht mehr die, die ich 2003 war. Wenn ich heute wirklich Lust auf Schokolade oder Sahnetorte habe, kaufe ich sie mir und esse sie vor meinem Freund, und zwar langsam und genüsslich und ohne mich dafür zu schämen. So brauche ich nicht heimlich reinzuschaufeln, was nur geht (komischerweise hatte ich seit Wochen keine Schokolade mehr gekauft: erlaubt = uninteressant).

Essanfall ist nicht gleich Essanfall

Übrigens: ein Essanfall zu dem ich mich bewusst entscheide, und nicht wie ferngesteuert vertilge, ist kein Essanfall. Ich kann nicht gleichzeitig bewusst sein und ausser Kontrolle. Es ist das eine, oder das andere.

Wenn du einen Essanfall planst, dir deine Lieblingsspeisen einkaufst und dich dann zum Essen hinsetzt und es langsam und genüsslich isst – und es dir wie mir geht – wirst du viel weniger davon essen, als wenn du auf Autopilot eingestellt bist. Probiere es aus!

Aus dem Diät-Denken auszusteigen, die Verbote und die Scham aufzugeben, ist ein Prozess. Vor allem, wenn du wie ich, 20 Jahre lang in der Diät-Mentalität gelebt hast. Ich bin auch noch neu auf diesem Weg des Intuitiven Essens und immer noch stark übergewichtig, aber ich folge erfolgreichen Esssüchtigen, die seit 20 und sogar 30 Jahren Frieden mit dem Essen haben: Geneen Roth und Maria Sanchez.

Sie können es, und du und ich können es auch!

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